Im weißen Rössl

Singspiel in drei Akten von Ralf Benatzky (Rekonstruktion der Originalfassung von 1930)

»Das wird Kay Links Arbeit dem Original gleich haben: Volle Häuser.« Märkischer Bote

»Mit viel Wortwitz wurde das aus dem Jahre 1930 stammende Singspiel entstaubt, und so blitzen einige gegenwartsnahe Spitzen auf« lausitz-aktuell.dE

»Sehenswert« lausitzer Rundschau

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Singspiel der 30er entstaubt

Nicht am Wolfgangsee, sondern im wunderschönen Staatstheater Cottbus steht das Glück vor der Tür. Oberkellner Leopold (Heiko Walter) buhlt um das Herz der Rössl-Wirtin Josepha (Gesine Forberger). Sie hat aber nur Augen für den Rechtsanwalt aus Berlin (Hardy Brachmann). Der wiederum verdreht lieber Ottilie (Debra Stanley) den Kopf. Turbulente Liebeswirrungen sowie ganz viele bekannte und schwungvolle Ohrwürmer sorgen für reichlich Amüsement der Cottbuser Theaterbesucher.

Eine sehr wandelbare Kulisse erwartet den Zuschauer. Das Hotel dissipiert von einer Baustelle in einen Kuhstall, kurz darauf vom Wellnesstempel in ein frisch renoviertes Berghotel. Das Bühnenbild dreht sich wie von Geisterhand. Ständiges Eintreffen neuer Hotelgäste sorgt dabei für ein authentisches Gewusel auf der Bühne.

Mit viel Wortwitz wurde das aus dem Jahre 1930 stammende Singspiel entstaubt und so blitzen einige gegenwartsnahe Spitzen auf: Josepha ist überzeugt, dass die Bauarbeiten nur von kurzer Dauer sind „wir bauen doch nur das Hotel um und bauen keinen

Großstadtflughafen“. Das (Anm. wegen ihre Zahnspange) lispelnde Klärchen (Mirjam Miesterfeldt) reist mit ihrem sparsamen Vater Professor Hinzelmann (Matthias Bleidorn) im verflixten Bus an und Ottilie versendet Nachrichten trotz Funkloch mit ihrem Tablet-PC. Die Krönung der Aufführung ist jedoch der Auftritt des Kaisers. So erwartet man als Zuschauer, der im Allgemeinen die Geschichte des weißen Rössls kennt, dass Kaiser Franz Joseph das Hotel besuchen wird. Aber nein, vom Theaterhimmel schwebt eine Discokugel und Schlagerbarde Roland Kaiser (Max Ruda) betritt die Bühne. Zur Melodie von „Santa Maria“ geraten sowohl Hotelgäste als auch die Zuschauer des Staatstheaters in Verzückung.

In drei Akten erklingen Walzermelodien von Robert Stolz mit musikalischen Einlagen von Bruno Granichstaedten und Ralph Benatzky. Schwungvoll musiziert vom Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Johannes Zurl. In der Inszenierung des freischaffenden Regisseurs Kay Link agieren Schauspieler, Orchester, der Opern- und der Kinderchor sowie Tänzer und Tänzerinnen in diesem mit Ohrwürmern gespickten Stück so wunderschön harmonisch. Wenn ab und an der Taktstock aus dem Orchestergraben ragt, kann der Zuschauer erahnen, welche Leistungen auch unterhalb des Bühnenbodens erbracht werden. Mit lang anhaltendem Beifall honorierte das begeisterte Publikum im ausverkauften Theater die Leistungen aller Darsteller.

Seitdem der Vorhang geschlossen ist habe ich dieses Kopfkino - wieviel Spaß müssen doch die Mitarbeiter/innen der Kostümabteilung bei der Fertigung der hautfarbenen Anzüge für die Badewannenszene gehabt haben?

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Baustelle mit Pfiff

Jeder kennt hektischen Gruppentourismus. Der fällt ein ins „Rössl“ im Salzkammergut. „Zu Ihre Rechten – on your right, auf der linken Seite…“ Reiseführerin Sandra Bösel (trefflich) drückt auf Tempo. Gelegenheit für Leopold, den Zahlkellner, für seinen ersten Auftritt: „Aber meine Herrschaften…“ er will’s gemütlich. Großstadtlärm trifft auf ländliche Idylle. Das brachte als Lustspiel von Blumenthal/Kadelburg volle Häuser im Berlin der Kaiserzeit, Erik Charell hat die Story eins zu eins übernommen und mit der Musik von Ralph Benatzky, Robert Gilbert und Robbert Stolz einen Welterfolg daraus gemacht, der jetzt in Cottbus nachhallt.
Der freie Regisseur Kay Link, erstmals hier am Werk, hat sich entschieden, nahe an der Originalfassung von 1930 zu spielen, was aber nur in einer Szene zum Tragen kommt, als sich Nazis andienen wollen und vertrieben werden. Zahlkellner Heiko Walter singt sich hier heftig aus der Szene: „Zuschaun’n kann i net…“ wenn sich die Menschen bekämpfen und streiten…[Denn Zuschau'n als Strategie - schützt niemals die Demokratie“]. Das Publikum versteht, applaudiert kräftig.
Dann aber schnörkelt sich Link im engen Bild von Bernhard Niechotz, ebenfalls erstmals hier als Gast, durch genüsslichen Stad’l-Schmus und setzt allerlei Pointen. Im Mittelpunkt stehen Leopold, den Heiko Walter mit Diensteifer, „Kalbsaugen“, wie Josepha meint, und gehöriger Eifersucht ausstattet. Seine Lieder tragen die Stimmung von Beginn an. Die verwitwete Wirtin, der er kühn zusingt: „Es muss was Wunderbares sein, von dir geliebt zu werden“, ist Gesine Forberger, großartige Opernsängerin, die sich federleicht in der Operette bewegt, sogar in übermütigen Sprüngen. Sie hat allerdings ein Auge auf Stammgast Dr. Siedler geworfen, in klarem Tenor und  unverklärtem Spiel (trotz „himmelblauer“ Sicht) von Hardy Brachmann verkörpert. Der verfällt Hals über Kopf der kessen Tochter des Trikotagenfabrikanten, dem Leopold das einzige Balkon Zimmer gegeben hat. Diesen großmäuligen Berliner Unternehmer spielt Heiko Stang a.G. mit viel Präsenz [...], seine Tochter ist anschmiegsam und stimmlich liebenswert Debra Stanley.
Einen schusseligen Gelehrten (prächtig in der Nebenrolle!) spielt Matthias Bleidorn, der endlich wieder solistisch zu erleben ist. Ihn begleitet mit süßem Sprachfehler seine Tochter Klärchen (Mirjam Miesterfeldt), die den schönen Siegismund (Torsten Coers) erdet. Ein denkbar gelungener Piccolo ist der naiv-gefügige Fabian Patrice Loeschke.
So nimmt also in optimaler Besetzung das Geschehen seinen Lauf,  getragen vom Orchester unter Leitung von Johannes Zurl. Es spielt schwungvoll, wenn die Handwerker-Tänzer von der Rüstung springen (Choreografie Julia Grunwald) und auch, wenn beim Schau-Melken drei Schwarzbunte ihre Kuhhintern schwenken. Dafür rücken die spitzen Berge zur Seite, damit sich das „Röss’l“ auf der Drehbühne abkehren kann.
Es kommt besser: Die 1930er Operette bringt, als Fortentwicklung des Lustspiels den Kaiser ins Hotel am See. Der kommt hier in Gestalt des hochverehrten Max Ruda (mal wieder, zuletzt war der längst pensionierte Tenor 2017 ein Kaiser in Schülers „Turandot“) und singt – kein Scherz – „Santa Maria…“ Dieser Kaiser mit großem Auftritt ist ein Schlagerstar Roland Kaiser. Soviel zum wiederentdeckten und hier angewandten Aufführungsmaterial von 1930.
Der Ruda-Kaiser (welcher immer es sei) kommt allerdings mit viel Pomp daher. Nicole Lorenz hat das hier wie bei den vielen anderen Figuren dieser reich ausgestatteten Operette wundervoll hinbekommen. So muss es auch sein. Das wird Kay Links Arbeit dem Original gleich haben: Volle Häuser.

Märkischer Bote

 

Sehenswert

Ideen, das mittlerweile 90 Jahre alte Werk in der Gegenwart zu verorten, gibt es. Touristen reisen mit ihren Handys an und fotografieren mit ebendiesen. Anspielungen auf den Billigbusbetreiber „Flixbus“ gibt es ebenso wie auf den BER. Und auf Loriot. Dessen berühmte Badewannenszene mit Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner bekommt auch in Cottbus einen Platz auf der Bühne und sorgt für die meisten Lacher im Publikum. Schade wäre, wenn mehr an dieser Stelle bereits verraten würde. […]

Bernhard Niechotz hat für die Inszenierung die Bühne entworfen und beeindruckende Arbeit geleistet. Mal wird die von einem Hotel in der Renovierung dominiert, dann wird sie zum Kuhstall… […] Schön ist auch die Idee, mit Bauarbeitern, dargestellt von Tänzern, mehr Bewegung auf die Bühne zu bringen. […] „Im Weißen Rössl“ im Cottbuser Staatstheater ist sehenswert.

Lausitzer Rundschau

Das wiedergefundene Rössl ist greller und jazziger als das bis heute gespielte 1950er-Jahre-Arrangement. Selbst die historischen Aufnahmen einzelner Musiknummern konnten nur eine ungefähre Vorstellung davon vermitteln. Das Original ist gekennzeichnet durch eine Dramaturgie der Abwechslung, überraschenden Modulationen und abrupten Stilwechseln. Stilistisch reicht die Urfassung von der Wiener Klassik über das Wienerlied mit Zithertrio und Volksmusik-Anklänge bis hin zur Unterhaltungsmusik der Entstehungszeit, wobei mit einer Jazzband im Orchester deutliche Akzente gesetzt werden. In dieser Urform besitzt das Weiße Rößl eine hörbare Nachbarschaft zur zwei Jahre zuvor uraufgeführten Dreigroschenoper-Musik Kurt Weills, ebenso wie eine Nähe zum gerade entstehenden Tonfilmschlager und den großen Berlin-Revuen der 1920er-Jahre. [...] Die Dialogfassung ist pointierter und bissiger. Insgesamt ist die Haltung des Ur-Rössl satirischer als in der gängigen Nachkriegsfassung, die das Stück auf Heimatseligkeit verharmlost. So ist diese Ur-Fassung eine temporeiche, tänzerisch kreiselnde und vergnüglich ins unvermeidliche Liebesglück taumelnde Bilanz des legendären Unterhaltungstheaters der Weimarer Republik, von den Revuebildern der Wilden Zwanziger bis hin zur augenzwinkernden, sprachlichen und musikalischen Konfrontation der österreichischen Alpen mit der Berliner Geschäftswelt.

(Ankündigung)

 

»Das ist der Zauber der Saison,
er füllt uns unsere Kassen,
und weil wir alle leben davon,
woll'n wir sie leben lassen.

So ein Sommer bringt uns Geld wie Heu
unberufen, unberufen, toi, toi, toi.
Einer jeder neppt nach seiner Facon -
das ist der Zauber, das ist der Zauber der Saison!«

(Finale I)


 

Musikalische Leitung:
Regie und Dialogfassung:
Bühnenbild:
Kostüme:
Choreografie:
Dramaturgie:
Josepha Vogelhuber:
Leopold Brandmeyer:
Wilhelm Giesecke:
Ottilie Giesecke:
Dr. Otto Siedler:
Siegismund Sülzheimer:
Professor Hinzelmann:
Klara Hinzelmann:
Der Kaiser:
Max Ruda
Reiseführerin / Briefträgerin:
Piccolo, Azubi-Kellner:
Fabian Loeschke / Marco Wende
Das Rössl Tanzensemble
Chor, Kinderchor und Philharmonisches Orchester des Staatstheater Cottbus