Šárka
»Diese neue „Šárka“ kann sich sehr gut sehen wie hören lassen... Die Chöre peitschen, die archaische Leidenschaft lodert, Tschechien strahlt.« WELT
»Clever approach... The production works very well. Link knows how to run a lively stage.« bachtracks.com
»Bedeutendes Ereignis... Die Neuinszenierung von Fibichs Šárka ist zweifelsohne ein großer Beitrag zur Prager Kulturszene.« operajournal.cz
»Äußerst lebendige und zeitgemäße Interpretation... Ein komplexes Opernerlebnis... Sehr kunstvolle Kontextualisierung... Diese Šárka holt die Oper aus dem Museum und macht sie zu einem zeitgenössischen Werk.« Deník N
Autokratien machen keine Gefangenen
Zdeněk Fibichs Oper „Šárka“ erzählt eine der tschechischen Gründungslegenden. Sie lässt Diktaturen von Männern und Frauen aufeinander los. Nach fast 50 Jahren wurde das Nationalstück jetzt in Prag wieder aufgeführt. Leidenschaft lodert, Tschechien strahlt – in Tod und Verzweiflung. [...]
„Šárka“, 1979 zuletzt in Prag neuinszeniert, in Deutschland gar erst 2012 in Braunschweig erstaufgeführt, hatte sich Robert Jindra, Dirigent und Musikdirektor der inzwischen zusammengeschlossenen drei Prager Musikbühnen Nationaltheater, (ehemals Deutsche) Staatsoper und der Mozart-Uraufführungsstätte Ständetheater, ausdrücklich gewünscht. Und sein norwegischer Intendant Per Boye Hansen gab ihm nach, gewährte ihm auch den deutschen Wunschregisseur Kay Link, mit dem dieser in Essen zusammengearbeitet hatte.
Diese neue „Šárka“ kann sich sehr gut sehen wie hören lassen. Link und sein Ausstatter-Team Frank Albert (Bühne, Videos) wie Nina Reichmann (Kostüme) betonen gerade in diesen Tagen fragiler Demokratien und erstarkender Autokraten die Zweifelhaftigkeit gleich zweier diktatorischer Regimes – Frauen wie Männer. [...]
Die karge Prager Bühne zeigt nur graue Betonflächen, Treppen und Podeste für die Burgen Vyšehrad und Děvín, kahle Bäume für den Opferhain, in dem sich die verbotene Liebe zwischen Šárka und Ctirad machtvoll wie klangprächtig zwischen Naturlaut und Gefühlsemphase Bahn bricht. Farbe bringen einzig das stilisierte Tauben-Logo [Anm.: Falken-Logo] auf Rot der Männer und der schnell aus dem Takt geratende Neonlichtkranz der Frauen, die sich erst nach dem Opfertod Šárkas symbolisch vereinen. Kay Link arbeitet mit sicher arrangierten Massenchoreografien, denen die wie versteinert harrenden Protagonisten gegenüberstehen.
Die verlebendigen sich durch die glutvoll aufrauschende, mit gefühligen Cellosoli wie Holzbläsereinwürfen den überlebensgroßen Figuren Wärme wie Wahrhaftigkeit schenkende Musik Fibichs, dessen bedeutendster Schüler Franz Lehár wurde. Robert Jindra entfesselt große, energetische Klangwucht, bleibt aber stets transparent und ausbalanciert. Nie werden die Stimmen zugedeckt.
Die freilich haben es in sich. Als rothaarig-vierschrötige tschechische Andrea Berg mit der Pumpgun lässt Maida Hundeling stimmlich durchaus auch mal Schneidbrennerflammen aufflackern und fräßt sich melodiös durch das Orchestergewoge. Auch die pastos orgelnde Altstimme der mit einem Grauzopf verunstalteten Ester Pavlů als Amazonenführerin Vlasta macht keine Gefangene. [...]
Die Chöre peitschen, die archaische Leidenschaft lodert, Tschechien strahlt. Zumindest an diesem Opernabend. Auch wenn er in Tod und Verzweiflung endet. Aber besonders schön ist die Welt vor dem Theater auch in Prag gerade nicht.
Manuel Brug in WELT
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Šárka: a controversial revival in Prague
Rife with contemporary topics like gender issues and political tyranny, this piece practically begs to be updated, which German director Kay Link does by grafting a modern episode onto the story, told mostly through video clips projected onto the scrim at the beginning of the first and second acts. Using a mix of original and historical footage, he recasts Libuše, the wife of Prince Přemysl and legendary ur-mother of the Czech people, as a revolutionary leader. She dies on screen, which fades out to the opening scene of the first act, in which a group of grieving women are brutalized and hauled away by Prince Přemysl’s goons. The setting remains thoroughly modern, with girls in guerilla gear, combatants toting guns, with costumes from the communist era, mostly in blacks and greys and colors not found in nature.
It’s a clever approach [...] the production works very well. Link knows how to run a lively stage, moving large groups around with smooth efficiency and keeping the main characters in perpetual motion. A charming moon-and-stars set by Frank Albert in the second act lends the entire production a beguiling romantic glow. [...]
Fibich was years ahead of his time with the score, which is cinematic in tone and scope, packed with colorful details and kaleidoscopic in structure, constantly changing, only settling in one place long enough for an occasional aria. [...]
When Link and his creative team joined the cast for curtail calls, they were greeted by a hearty round of booing – which seemed churlish, though not unusual. When an updated version of Šárka was performed in nearby Pilsen in 2000, it reportedly got the same reception.
bachtracks.com
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Fibichs Šárka wird auf der Bühne des Nationaltheaters wieder zum Leben erweckt
Es war der richtige Schritt der Leitung für die Neuinszenierung von Šárka den deutschen Regisseur Kay Link für die Inszenierung zu engagieren. Ein ausländischer Schöpfer, unbelastet von einer Inszenierungstradition, hatte zweifelsohne viel mehr Freiheit in der Interpretation. Er hielt sich nicht an die allgemein bekannten tschechischen Gegebenheiten und versuchte, aus Šárka das herauszuholen, was auch heute noch aktuell und allgemeingültig ist und brachte ein ganz bemerkenswert erfrischendes und hochaktuelles Konzept auf die Bühne des Nationaltheaters in Prag. [...]
Zeitlosigkeit und territoriale Neutralität kennzeichnen auch die Ausstattung von Frank Albert, die raffiniert und kreativ mit den bekannten Symbolen der faschistischen Diktatur arbeitet, ohne den tschechischen Mythos des Mädchenkriegs zu stören. Sehr gelungen ist auch die eröffnende Videoprojektion (ebenfalls von F. Albert), die während der Ouvertüre eine Art „Staatsbegräbnis“ von Libuše zeigt und natürlich die Atmosphäre des Beginns der Handlung von Šárka nach dem Tod der tschechischen Prinzessin heraufbeschwört. [...]
[Wir] erlebten einen wirklich großartigen Abend. [...]
Die Neuinszenierung von Fibichs Šárka ist zweifelsohne ein großer Beitrag zur Prager Kulturszene. Die unkonventionelle Herangehensweise an den altslawischen Stoff wird wahrscheinlich nicht bei allen Zuschauern auf volles Verständnis stoßen, wie die Buhrufe eines Teils des Publikums am Eröffnungsabend während des Applauses zeigten. Dennoch macht die Qualität der Darbietung die neue Šárka zu einem bedeutenden Ereignis.
operajournal.cz
„Fibichs hervorragende Šárka in Prag im National!
Der international gefeierte Regisseur Kay Link und sein Team haben eine äußerst lebendige und zeitgemäße Interpretation der tschechischen Mythen und Legenden des Jungfrauenkriegs geschaffen.
Szenisch und schauspielerisch ist es eine wahre Pracht, und an den Stellen, an denen es Fibich gelungen ist, überzeugende Musik zu schreiben, besonders im zweiten und dritten Akt, ist es ein komplexes Opernerlebnis.
Lassen Sie sich auf keinen Fall von den Klagen darüber beeindrucken, dass es „wieder modern“ ist und dass es Maschinengewehre statt Seile gibt. Es handelt sich nicht um ein gewalttätiges Update, sondern um eine sehr kunstvolle Kontextualisierung, um den mythologischen Stoff in die heutige Zeit zu übertragen.
Es ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man sich einem lokalen, archaischen Stoff auf international verständliche Weise nähern kann.
Es ist großartig, wie in letzter Zeit in Brünn und Prag mit diesen Dingen umgegangen wird. Sowohl Šárka als auch Brouček holen die Oper aus dem Museum und machen sie zu einem zeitgenössischen Werk.
DeníkN