La Dirindina / La Serva Padrona

Zwei Operneinakter von Domenico Scarlatti und Givoanni Battista Pergolesi

»Ein ungewöhnliches Projekt, das Stückwahl, Konzept und Mitwirkende auf wunderbare Art und Weise zu vereinen wusste.« Das Opernglas

»Regisseur Kay Link und Bühnenbildnerin Olga von Wahl haben auf wenig Raum einen kleinen Kosmos aus Wollust und Sinnlichkeit, Skurrilitätenkabinett und Studierstube geschaffen« Kölner Stadtanzeiger

Musikalische Leitung:
Regie:
Bühne und Kostüme:
Dirindina/Serpina:
Don Carissimo/Uberto:
Es spielen:

Kleiner Kosmos aus Wollust und Studierstube

 

Ein kleiner Kristalllüster zuckelt der hübschen Putzmamsell Serpina klimpernd hinterher. die hat es faustdick hinter den Ohren, gilt es doch, den Haushalt richtig auf den Kopf zu stellen, den Herrn verliebt zu machen und das Faktotum in ihre kühnen Pläne einzubinden. Die scheinbar putzige Geschichte „La serva padrona“ war zu Zeiten des Komponisten Giovanni Battista Pergolesi ganz schön gesellschaftskritisch. Beides aufzuzeigen, die Posse und die Provokation, ist in der Produktion „Intermezzi mit Intermezzo“ der Bayer Kultur gelungen.

Schön schräg geriet auch die Geschichte der Dirindina, Domenico Scarlattis einzige komische Oper, die bis 1965 als verschollen galt. […] Auf der Bühne brillierte – trotz Erkrankung – Sopranistin Meera Vargehse in der Rolle der Dirindina und Serpina mit ihren Gesangspartnern Manos Kia (Bariton in der Rolle des Don Carissimo und des Uberto) sowie Michael Taylor (Countertenor) in der Rolle des verführerischen Liscione. Ein Meisterwerk war die Bühne, die wie eine Puppenstube anmutete – mit Sauna, Plüschpodium und miefigen Dozentenzimmer. Ging eine Tür auf, klappte die nächste wie ein Kartenhaus zu.

Spinksend und lauschen, manikürend und als Unhold in Uniform erschreckend begeisterte Milan Sládek als Pantomime. Eine Minibewegung, ein sekundenkurzer Absturz des Mundwinkels reichte, um klar zu machen, was von der feinen Gesellschaft zu halten war. […] Wunderbar auch Sládek als ältere Dame mit Kopftuch, Kampfhandtasche und züchtigem Wollmantel. Regisseur Kay Link und Bühnenbildnerin Olga von Wahl haben auf wenig Raum einen kleinen Kosmos aus Wollust und Sinnlichkeit, Skurrilitätenkabinett und Studierstube geschaffen. Dirindina will dem gestrengen Lehrer ausbüchsen und an die Mailänder Scala. Liscione versucht zu retten, was an Talent nicht vorhanden ist. Lehrer Don Carissimo hält die eingeübten Szenen für real und denkt, Dirindina sei geschwängert.

Alte Gesellschaftsbilder aus der komischen Oper wurden da mit alter Musik wiederbelebt. Sie haben aber auch in der Gegenwart noch Wirkung. Dirindina tritt als junge Muslima auf, der Ehrenkodex bekommt in den Verwirrungen und vermeintlichen Fehltritten aktuellen Bezug. Auch die Figur des Kastraten Liscione wird in die heutige Zeit übersetzt. Damals war die Verstümmelung der Sänger nicht immer eine Garantie auf großen Erfolg, als Gaukler mit Prostitution musste sich mancher durchschlagen. Das Gesangsduo tritt auf wie bei Kaffeeklatsch und Superstar und erfüllt manches Klischee – bis hin zur Dildotapete.

Kölner Stadtanzeiger

 

Barockes Opernmenü

Einen wahrsten Sinne des Wortes „köstlichen Opernabend“ hat Bayer Kultur mit seiner Eigenproduktion „Intermezzi mit Intermezzo“ dem begeisterten Publikum beschert. Die Inszenierung von Kay Link verbindet zwei Einakter: „La serva padrona“ von Giovanni Battista Pergolesi und „La Driindina“ von Domenico Scarlatti [...]. Und noch etwas war besonders an diesem Abend: In Leverkusen wurden Scarlattis aus dem Jahr 1715 stammende und bis 1965 verschollene komische Oper sowie Pergolesis 1733 in Neapel uraufgeführtes Intermezzo mit einem kulinarisch-pantomimischen Zwischenspiel kombiniert. [...] Ein ungewöhnliches Projekt, das Stückwahl, Konzept und Mitwirkende auf wunderbare Art und Weise zu vereinen wusste.

Das Opernglas

 

Ungewöhnlich und stimmig

Irgendwie erinnerte das Pausenaufgebot an den Opernboogie des Liedermachers Georg Kreisler: „Wie schön ist es, in einen Käse zu beißen und dabei Opern zu zerreißen…“. Wer die Textzeile immer seltsam fand, weil in Konzertpausen gewöhnlich zum Sekt allenfalls trockene Brezeln verkauft werden, versteht sie jedenfalls nach dem Besuch des ungewöhnlichen Opernprojektes von Bayer Kultur, das am Freitagabend Premiere feierte.

[…] Es wurde geschlemmt, und das an einer üppig gedeckten langen Tafel. Ein Maître de Plaisir in perfekt barocker Aufmachung begrüßte die Gäste, gestenreich aber ebenso konsequent stumm wie die Bedienung, der Bayer-Gastronomie, und führte eine kleine, amüsante Pantomime-Szene auf der kleinen aber schmuck mit rotem Samt ausgestatteten Pausenbühne auf. In dem Kostüm steckte der Grandseigneur des wortlosen Theater: Milan Sladek.

Er war in dieser Produktion besonders gefordert. Denn er hatte seinen Part nicht nur im Pausen-Intermezzo zu spielen, sondern auch in den beiden Kurzopern […]. Ob sich das Publikum vor rund 400 Jahren allerdings immer so köstlich und zugleich doch auf musikalisch so hohem Niveau vergnügen konnte wie in dieser Produktion, das darf bezweifelt werden.

Hier stimmen Programm, Konzept und vor allem die Mitwirkenden. Werner Ehrhardt und sein Alte-Musik-Ensemble l’arte del mondo sind die perfekten Partner, um eine ungewöhnliche und inhaltlich stimmig Idee umzusetzen. […]

Rheinische Post

 

Augen-, Ohren, Gaumenschmaus

Das Regie-Team um Kay Link hat sich überlegt, wie die Geschichte in die heutige Zeit übertragen werden kann, ohne dabei in ihrer Grundstruktur verändert zu werden und trotzdem glaubhaft zu bleiben. Dabei ist man zu dem Entschluss gekommen, Dirindina als junge, moderne Muslima zu zeichnen und auf die Vorurteile anzuspielen, die Don Carissimo als eher konservative Figur mit den Klischees über diese Kultur hat. So glaubt er nämlich, dass das Thema 'Ehre' in dieser Kultur noch viel ernster genommen wird und eine außereheliche Schwangerschaft ein größeres Problem darstellt, als es in heutigen westlichen Gesellschaften üblich ist. Auch bezüglich des Schauspiellehrers Liscione werden Vorurteile aus der damaligen Zeit trefflich auf die Gegenwart übertragen. Während La Dirindina  ursprünglich ihre Komik daraus bezog, dass eine Liebesbeziehung zwischen einem Kastraten und einem jungen Mädchen absolut ungefährlich sei, zeichnet Link Liscione als einen Homosexuellen, der überhaupt kein erotisches Interesse an dem reizenden jungen Mädchen besitzt. Unterstrichen wird dieser Ansatz nicht nur von dem glänzenden Kostüm, das Liscione trägt, sondern auch von der Tapete in seinem Raum, deren Muster sein eigentliches sexuelles Interesse mehr als deutlich macht. Die von Link und seiner Dramaturgin Isabelle Kranabetter erstellte deutsche Übersetzung des Librettos übernimmt diesen Ansatz. [...]

Nach der Pause gibt es dann Pergolesis La serva padrona. Auch dieses Stück wird von Link mit recht einfachen Mitteln und großer Situationskomik umgesetzt. Seien es nun die diversen Kissen, mit denen Uberto bei Serpinas doch recht forschen Verführungsversuchen seinen Schoß bedeckt, die von Kissen zu Kissen kleiner werden, bis das letzte handgroße Kissen, das er aus der Tasche seines Bademantels hervorholt, nicht mehr ansatzweise Schutz bieten könnte. Sei es das Auftreten Vespones als vermummter Hisbollah-Kämpfer mit Maschinengewehr, Pistole und Handgranate, der deutlich macht, dass Uberto seine Serpina diesem Schicksal gewiss nicht überlassen will. Sei es die Lampe an der Bühnendecke, die sich beim Verschieben des Vorhangs jeweils mit in den neuen Raum bewegt, wenn sie von den Protagonisten auf der Bühne das Zeichen dazu bekommen hat. [...]

Höhepunkt des Abends ist sicherlich der Starpantomime Milan Sládek, der nicht nur in den beiden Stücken als stumme Rollen Dirindinas Mutter Dirindona und den alten Diener Vespone interpretiert, sondern auch in der Pause die kulinarische Versorgung leitet und in barocker Robe im Look des Sonnenkönigs mit einem weiteren Zwischenspiel zum Solo-Cello unterhält. Eigentlich beginnt seine Aktion aber bereits vor der Vorstellung, wenn er die Mäntel des Publikums beim Einlass entgegennimmt, dabei den Chef spielt, aber deutlich macht, dass er nicht die geringste Ahnung hat, wo und wie sie aufgehängt werden sollen und deshalb immer etwas unwirsch die Garderobiere herbeiwinkt. Zwischendurch muss er sich auch noch anziehen, so dass er immer in eine kleine Umkleidekabine verschwindet. Wenn dann das erste Stück beginnt, tritt er als alternder Dirigent auf, während der musikalische Leiter des Abends, Werner Ehrhardt, die erste Geige spielt.

Besonderer Clou des Abends ist dann, wenn Link ihn im zweiten Stück kurz vor Ende sogar zwei Worte singen lässt. Am Ende gibt es frenetischen Applaus für alle Beteiligten

Fazit: Diese Rarität sollte man sich aus mehreren Gründen nicht entgehen lassen. Erstens sind die beiden Intermezzi selten auf der Bühne zu erleben und werden von Link kurzweilig und durchaus aktuell auf die Bühne gebracht. Zweitens lässt das kulinarische Intermezzo in der Pause auch den Gaumen auf seine Kosten kommen.

Online Musik Magazin

 

Flott inszeniert

Ausstatterin Olga von Wahl hat hier ein Bühnenbild von gerade einmal einem Meter Tiefe entworfen, das natürlich beengt ist, aber wirkungsvoll eingesetzt wird und Regisseur Kay Link zu viel Schabernack animiert. Die Darsteller agieren  gut gelaunt und überzeichnen ihre Charaktere so stark, dass diese fast schon Comic-Figuren werden.[...] Ein Besuch der „Intermezzi mit Intermezzo“ [lohnt], beide Stücke erlebt man selten auf der Bühne und sind hier flott inszeniert.

Der Opernfreund

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