Sechs Tanzstunden in sechs Wochen
»Kay Link inszeniert das intensive Stück als intimes Kammerspiel, dem man sich nicht entziehen kann... Ein Abend, an den man sich erinnern wird: lebensnah, humorvoll, gesellschaftskritisch und ergreifend.« Pforzheimer Kurier
Lebensnah und humorvoll
Kay Link inszeniert das intensive Stück im Stadttheater Pforzheim auf dem Podium als intimes Kammerspiel, dem man sich nicht entziehen kann. [...]
Beide Darsteller gehen völlig in ihren Rollen auf, können wunderbar tanzen, sind so nah am Publikum, dass manch einer am Ende nur mit Mühe die Tränen unterdrückte. Denn beim letzten Anruf beschwert sich Ida nicht mehr, vielmehr überbringt ihr Sohn die Nachricht vom Tod seiner Mutter. Damit beginnt das Plädoyer für Toleranz. Anrührend kümmert sich Michael um Lily, die ebenfalls ein trauriges Coming Out hat. Am Ende sieht man mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu, wie Michael sie in ihrem Teenager-Ananaskleid im Rock-’ n ’-Roll-Hüftschwung über die Tanzfläche wirbelt. Für diese Darbietung gab es bei der Premiere nach gut zwei Stunden tosenden Applaus mit Standing Ovations. Ein Abend, an den man sich erinnern wird: lebensnah, humorvoll, gesellschaftskritisch und ergreifend.
Pforzheimer Kurier
Stadttheater feiert umjubelte Saisoneröffnung
Für seine Inszenierung am Stadttheater hat sich der aus Pforzheim stammende Regisseur Kay Link manch Originelles einfallen lassen. Das Publikum sitzt an Tischen um den Parkettboden der Spielfläche herum wie in einem Tanzsaal, an dessen Stirnseite ein riesiger Samtvorhang eine Theaterbühne verhüllt. (Ausstattung und stimmige Kostüme: Matthias Müller). Zum Einstudieren der Gesellschaftstänze Swing, Tango, Wiener Walzer, Foxtrott und Cha Cha Cha hatte sich Link der professionellen Mithilfe von Arkadiusz Stepien versichert, eine gute Idee, wie der Jubel des Premierenpublikums zeigte. [...]
Gisela Storck [...] ist keine unwürdige Greisin, die mit sattbrauner Wellenperücke verflossene Jugendspannkraft vorgaukelt, sondern eine selbstbewusste Frau, die sich für ein paar Stunden Illusion eingekauft hat, um der Unausweichlichkeit des Vereinsamens zu entfliehen. Eine sehr respektable Leistung. Mag es Markus Löchner als Michael auch hie und da an der disziplinierten Körperstraffheit eines Tanzlehrers mangeln, so gelingt es dem Schauspieler im Verlauf dieser Tragikkomödie doch, die Ambivalenz zwischen der Verletzlichkeit eines gesellschaftlichen Outsiders und der Robustheit eines Gigolos sichtbar werden zu lassen. Das Publikum feierte die beiden Darsteller dieser Inszenierung mit Standing Ovations.
Pforzheimer Zeitung
Zartes Kammerspiel im sensiblen Duett
Inszenierung und Schauspieler überzeugen bei „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“
Es sind die feinen Nuancen zwischen kraftvollen Wortgefechten und den genauso überzeugenden stillen, leisen Szenen, mit denen Regisseur Kay Link in seiner Inszenierung im Podium des Pforzheimer Stadttheaters filigrane Duette seiner beiden Protagonisten schafft. Feinnervig und sehr gefühlvoll, ohne kitschig zu werden, gelingt es ihm, das Theaterstück „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ von Richard Alfieri auf das Parkett, das im Zentrum des Saales die Bühne bildet, zu bringen.
Matthias Müller trägt mit dem originell gelösten Arrangement seiner Ausstattung zur besonderen Atmosphäre bei: Die Zuschauer, die sich mit Getränken versorgen dürfen, sitzen um die Tanzfläche herum wie im Tanzsaal an runden Tischen mit kleinen Lampen und Blümchen in den Vasen und werden so zum Teil des Bühnenbildes, zu einem Part der Inszenierung, verweben sich mit in die Geschichte. Das schafft Nähe und Intimität, Präsenz, vor allem wenn die Telefone auf den vorderen Tischen zum theatralen Einsatz kommen. [...]
Die Inszenierung arbeitet den leisen Humor, die feine Ironie heraus, trifft mit viel Schwung und innerem Drive die Tempowechsel und gibt damit den Protagonisten Raum, sich zu entwickeln. Sie spielt in gelungenen Choreografien mit den Sujets, offenbart punktgenaue Details und läßt die Schauspieler im zu den verschiedenen Tänzen adäquaten, bunten Wechsel der vielfältigen Kostüme glaubwürdig agieren und in den Stimmungen variieren. Das Publikum, darunter auch viele jüngere Zuschauer, dankt jedenfalls mit langanhaltendem, warmherzigen Applaus.
Der Enztäler
Aufforderung zum Tanz ums Leben
Das Podium des Theaters Pforzheim sieht aus wie ein nostalgisches Tanzlokal (Ausstattung Matthias Müller) aus den 50er-Jahren – wäre da nicht die bezahlte Eintrittskarte für einen Theaterabend kenntlich, würde man zum Tanzen herkommen wollen […] Wir aber sind das Publikum, kaum merklich eingebunden in den regieträchtigen Spielablauf zum schlingernden Seelentanz. Ganz schön „link“ – Kay Link. […]
Der gekaufte Michael Minetti wird von Markus Löchner in verschiedenen äußeren und inneren Versionen zum Schreien komisch und doch wiederum traumatisch traurig auf die (Tanz-)Beine gestellt, anzumerken noch die Tautologie: Weißer Schimmel, schwuler Tanzlehrer. Mit Schauspielkunst auf äußerst hohem Niveau entführen uns Gisela Storck und Markus Löchner in eine Welt zu unserer mitgebrachten Ähnlichkeit, einer erklärbaren Existenz im Chaos der Forderungen an das Leben und die Liebe.
Doch es darf und soll gelacht werden bei den Tanznummern, den komischen Einlagen an Slapsticks, zu den Posen des grotesken Allerlei, zu den Dialogen, die so unterhaltsam intelligent und treffsicher unser Zwerchfell aber auch das dünne Fellchen der Seele durch-treffen. […]
Benennen wir noch einmal die Regieanleitung von Kay Link als ins Vollendete getroffen, geben wir den beiden Darstellenden unsere Verbeugung vor ihre Schauspielkunst. Und staunen wir gleichzeitig, dass etwaige Künstlichkeit keinen Raum hatte im Podium des Theaters.
Vaihinger Kreiszeitung
Das erste, was mir mein Dramaturg unter die Nase hielt, waren die unglaublich detaillierten Vorgaben, die man als Theater erfüllen muss, um die Sechs Tanzstunden aufführen zu dürfen. Da waren sämtliche Details des Bühnenbildes wie Tür zum Gästeklo, Panoramafenster etc. festgehalten. Ja sogar die Lichtstimmungen für Sonnenuntergang usw. standen absurderweise im Vertrag. Matthias Müller und ich haben das alles gleich mal rausgeschmissen. Das Stück sollte atmen können und nicht durch boulevardeske Einbauten erdrückt werden. Tanz ist für mich Freiheit. Ich brauchte keine Wohnungstür mit Spion, keinen Tisch und keinen Sessel. Für den Schlagabtausch, den die beiden sich da in sechs Runden liefern, hätte es eher eines Boxrings bedurft. Und so kamen wir irgendwann auf die im Grunde naheliegende Tanzfläche, den Ballsaal, der genauso zur Seniorenresidenz von Sun City gehören könnte, wie Lilys Wohnung mit dem großen Panoramafenster... So kam Luft in die Situation und den Text.
Das Publikum platzierten wir an Tischen rund um die Tanzfläche. Und über die ständigen Anrufe von Lilys ruhebedürftiger Nachbarin von unten, kamen wir zu den ollen Tischtelefonen. Paßte ja sehr gut zu unseren beiden Protagonisten. Es ist ja auch irgendwie ein Ball der einsamen Herzen.
Es hat mich übrigens sehr gefreut, dass folgende Idee aufging: Im Anschluß an die Wochenendvorstellungen gab es auf derselben Tanzfläche immer einen Bal Modèrne, was vom Publikum auch regelmäßig genutzt wurde. Nach zwei Stunden Zusehen, wollten einige endlich auch mal selbst auf das Parkett.