Das Land des Lächelns (Regensburg)

Operette von Franz Lehár

»Unverkrampft aktualisiert, eindrucksvoll und unterhaltsam« Orpheus

»Nicht versäumen« Crescendo

»Gekonnt« Der neue Merker

Nicht versäumen
Opernregisseur Kay Link erzählt eine moderne Liebesgeschichte zwischen den Kulturen.

Crescendo

 

Chinas Tücken in gesungener Form
Regensburger Ensemble verpasste Franz Lehárs Klassiker eine moderne Inszenierung

Ein handelsüblicher Teebeutel, heiße Tassen und die herrschende Finanzkrise waren nur drei Zutaten, aus denen das Ensemble des Theaters Regensburg einen unterhaltsamen Abend zauberte. „Das Land des Lächelns kam in einem höchst ungewohntem, aber durchaus treffend modernem Kleid daher. […] Das Ensemble des Theaters Regensburg hat mit dieser Inszenierung bewiesen, daß eine Operette durchaus modern sein und auch die Probleme der heutigen Gesellschaft beleuchten kann, ohne daß der klassische Unterhaltungswert verloren geht.

Nürnberger Nachrichten

 

Wohin mit dem Teebeutel?

Franz Lehárs „Land des Lächelns“– eine reanimierte Operette mit hohem Unterhaltungswert

Von wegen Teezeremonie. Der Gunpowder auf dieser Betriebsfeier ist ein gebeutelter, die Wassererhitzung erfolgt per Mikrowelle. Sou-Chong macht gute Miene („Immer nur lächeln…“) zum gaumenbeleidigenden Spiel und genießt nichtsdestotrotz seinen „Tee en deux“ mit der angebeteten Kaufmannstochter Lisa. Aber wohin mit dem Teebeutel?

Kay Links Regensburger Inszenierung von Lehárs „Clash of Civilisations“-Operette hat viele solche munteren Details zu bieten, der erste Akt vergeht wie im Flug. […]

[Kay Link] hat sich eine Umdeutung der Originalhandlung einfallen lassen, die auf den ersten Blick einiges für sich hat. Sein „Land des Lächelns“ liegt nicht auf der anderen Seite der Erdkugel, sondern ein paar Häuser weiter. Der Beginn des zweiten Aktes mit geschmacksverstärkter Touristenabfütterung (Ente süß-sauer an Wunderkerzen) und Fernost-Event (Verleihung der „gelben Jacke“) funktioniert bestens. Wie Lehárs aufdringliche Chinoiserien im Orchester, so ist auch die Ehrfurcht gebietende Buddha-Statue nur Attrappe: Umgedreht birgt sein Korpus den Pausenfernseher fürs Küchenpersonal. […]

Größere Differenzierungen weiß die ausgezeichnete Mirka Wagner als Lisa einzubringen: voluminöse Entfaltung gegenüber Sou-Chong, leichteres Parlando, als sie sich über die vom treuen Gustl mitgebrachten Leckereien hermacht – statt Chop Suey endlich Schnitzel, Sachertorte und Manner-Waffeln. Überhaupt dieser Gustl. Wie Michael Berner diese Rolle mit sparsamem, aber herrlich auf den Punkt gebrachtem Körpereinsatz komödiantisch ausfüllt, macht große Laune, ebenso Julia Amos als aufmüpfige, glockenklar singende Mi – ein schönes Kurzzeit-Paar.

Kapellmeister Arne Willimczik sorgte für reibungslose Koordination, der spielfreudige Chor fügte sich mit den Nebenrollen zu einer überzeugenden Ensembleleistung mit hohem Unterhaltungswert. Und der erfreulichste Aspekt des Abends dürfte aber die Erkenntnis gewesen sein, dass der Operette – wie hier geschehen, mit Liebe und Respekt reanimiert – wenn schon nicht unser ganzes Herz, so doch ein kleines, exklusives Plätzchen darin gehören sollte.

Mittelbayerische Zeitung

 

Gekonnt

Die Inszenierung von Kay Link im Bühnenrahmen und den Kostümen von Marlit Mosler transferiert das Stück gekonnt ins Heute. […] Langanhaltender Beifall des begeisterten Publikums – und keinerlei Buhs für die Regie – ganz im Gegenteil.

Der neue Merker

 

In beklemmenden Traditionen chinesischer Kultur

Theater am Bismarckplatz Regensburg versetzt "Land des Lächelns" in die Neuzeit

Dass China nicht nur in Asien existiert, sondern auch in unserer abendländischen, multikulturellen Gesellschaft, das wollte Regisseur Kay Link dem Publikum im Rahmen seiner Neuinszenierung von Franz Lehárs Operette "Das Land des Lächelns" am Theater Regensburg zum Ausdruck bringen. […]

Und gegen die zeitgenössische Umsetzung des Sujets mit einem Sou-Chong als liberalem Künstler, der bei der Übernahme des Etablissements seines Onkels in die beklemmenden Traditionen seiner Kultur gezwungen wird, und gegen Lisa als eine Dame der besseren abendländischen Gesellschaft, ist nichts einzuwenden. Auch weist die Inszenierung eine ganze Menge an amüsanten Details auf, die für Kurzweil sorgen.

Da versinkt zum Beispiel der optisch und in seinem ganzen Wesen etwas an Komiker Wigald Boning erinnernde Gustl bei seinem erfolglosen Heiratsantrag an Lisa hoffnungslos in der Tiefe der Ledercouch, da bewirtet Lisa den "Teespezialisten" Sou-Chong mit einer Teebeutel-Köstlichkeit aus der Mikrowelle und Gustl verwöhnt Lisa bei seinem Besuch in der Konfuzius-Kultur mit Kulinarischem aus der "Billa"-Tüte. Die Ausstattung von Marlit Moser ergänzt Kay Links Regie angemessen.

[...] Der Schlussapplaus im gut gefüllten Theater am Bismarckplatz war anhaltend.

Oberpfalz

 

Unverkrampft aktualisiert

Ohne verkrampfte Aktualisierungsversuche gelang die Umsetzugn von Lehárs Land des Lächelns eindrucksvoll und unterhaltsam. […] Kay Link gelingt eine temperamentvolle und vergnügliche szenische Realisierung!

Orpheus

 

Musikalische Leitung:
Arne Willimczik
Regie und Dialogfassung:
Ausstattung:
Dramaturgie:
Christina Schmidt
Sou Chong:
Jung-Hwan Choi / Enrico Lee
Mi:
Julia Amos
Mi:
Dorothee Velten
Ferdinand Lichtenfels:
Matthias Degen
Lore Hardegg:
Ruth Müller
Tschang:
Matthias Degen
Ober "Eunuch":
Christian Schossig
Fu Li, dessen rechte Hand:
Philipp Eckelmann
Chor und Orchester des Theaters Regensburg

Lehars „Das Land des Lächelns“ endet bekanntlich ohne Happy End. Die exotische Geschichte erzählt vom Scheitern der Liebe, einer Liebe, die zunächst stark genug schien, sämtliche Grenzen zu überwinden.

Kann man dieses Werk mit seiner bemühten Exotik, den musikalischen Chinoiserien heute überhaupt noch guten Gewissens aufführen? Bereits zu Lehárs Zeiten waren sich ja die verschiedenen Kulturen nicht mehr völlig fremd. Asien und Europa stehen sich eben längst nicht mehr unversöhnlich "wie Feuer und Wasser" (Ferdinand Lichtenfels, 1. Akt) gegenüber, wie vielleicht noch zu Marco Polos Zeiten, sondern mischen sich und koexistieren hier wie dort nebeneinander. Was zeitlos und aktuell ist, sind die Phänomene des Fremdseins, des Sich-fremd-Fühlens.

 

Und genau da setzt Kay Links Neuinszenierung am Theater Regensburg an.
Er erzählt eine moderne Liebesgeschichte in der Gegenwart. Lisa ist keine Offiziers­tochter, sondern einfach aus besten Kreisen, Sou-Chong kein Diplomat, sondern ein junger chinesischer Künstler, der sich allein schon deshalb von den uniformen Yuppies der reichen Wiener Kreise angenehm abhebt. Zwei Welten begegnen sich.

Bei den beiden Chinabildern geht die Regensburger Produktion einen verblüffenden, wenn auch äußerst konsequenten Weg: „Das Land des Lächelns“ liegt nicht in Asien, es liegt im Westen, in Chinatown – und ist der Name des Restaurants, dessen Leitung Sou-Chong nach Jahren der relativen Freiheit jetzt endlich von seinem Onkel Tschang übernehmen muß.

Sowenig wie Lehárs Musik je „chinesisch“ war, so wird uns Gästen in dekorierten China-Restaurants ja lediglich Folklore vorgespielt, ganz wie man sich eben als Europäer das Reich der Mitte eben vorstellt... Somit schlägt die Inszenierung zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir haben es mit modernen, glaubhaften Charakteren zu tun, und trotzdem darf es rot und goldig zugehen in diesem China – wenn auch alles als Kitsch in Anführungszeichen entlarvt wird. Link reflektiert ganz en passant die Situation des Operettenpublikums, das sich ähnlich „verzaubern“, sich etwas vormachen lassen möchte.

Die Verlegung der Handlung in die „Chinese Community“ einer heutigen westlichen Großstadt, in der häufig die Strukturen und Rechtsauffassungen aus der Heimat im­portiert werden, spitzt das Aufeinanderprallen der so verschiedenen Welten weiter zu und zeigt die verblüffende Aktualität des Werkes. Gleichzeitig bietet diese Konstella­tion – China und Europa liegen nur ein paar Schritte weit auseinander – viel Stoff für Komik.

In seiner Interpretation geht es dem Opernregisseur Kay Link eben nicht darum, das Scheitern der Beziehung zwischen verschiedenen Kulturen als zwangsläufig darzu­stellen, das Ende als pathetische Entsagung zu zelebrieren. Der Versuch der Über­windung von Fremdheit (der Kultur, der Sprache, der sozialen Herkunft, des Ge­schlechts, der Generation usw.) kann eben – wie jede Liebe – auch scheitern. Für diese Möglichkeit entschied sich Lehár.